So fotografierst du ein Feuerwerk vom Schiff aus. [Mit Beispielen von Rhein in Flammen/Bingen] [Fototipp 59]
| Lesezeit ca. zehn MinutenNeulich war ich bei »Rhein in Flammen« in Bingen. Dort bin ich mit einem Schiff gefahren und eigentlich war ich mir sicher, dass ich von dort aus das Feuerwerk nicht richtig fotografieren kann.
Aber wie heißt es so schön? »Man wächst mit seinen Aufgaben!«
Und siehe da, neben recht viel Ausschuss schoss ich das eine oder andere ansehnliche Foto.
Damit auch du in Zukunft tolle Feuerwerksfotos vom Schiff aus machen kannst, verrate ich dir hier alle Tipps und Tricks.
[lesezeit einleitung=“In diesem Artikel erfährst du, …“ punkt1=“welche Ausrüstung du brauchst, um ein Feuerwerk zu fotografieren.“ punkt2=“wie du deine Kamera einstellst.“ punkt3=“wie du das Feuerwerk vom Schiff aus fotografierst.“ punkt4=“wie du die Landschaft vor dem Feuerwerk vom Schiff aus fotografierst.“]
Achtung:
Hast du einen festen Standpunkt, der sich nicht (wie ein Schiff) bewegt, reicht mein Fototipp 44 »So fotografierst du ein Feuerwerk« vollkommen aus.
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Die Fotoausrüstung, um ein Feuerwerk vom Schiff aus zu fotografieren
Kamera & Objektiv mit manuellem Modus
An sich stellt ein Feuerwerk keine hohen Ansprüche an deine Kamera. 2 Dinge sind aber essentiell für gute Feuerwerksfotos: der BULB-Modus und die Möglichkeit, den Fokus einzulocken.
Den BULB-Modus findest du bei der Einstellung für die Belichtungszeit, ganz am Ende. Im BULB-Modus belichtet die Kamera so lange, wie du den Auslöser drückst.
Als Objektiv reicht ein Standardzoom aus. Bei Rhein in Flammen fotografierte ich mit meinem Reisezoom-Objektiv, dem SAL 18135* und der Sony Alpha 65 (Die ist alt, den Nachfolger A68 hatte ich aber erst im Test).
Wichtig ist, dass du den Fokus einlocken kannst oder zur Not manuell fokussieren kannst.
Fernauslöser
Theoretisch kannst du den Auslöser auch direkt bedienen. Trotzdem rate ich dir zum Fernauslöser.
Du vermeidest dadurch kleine Verwackler – es ist schließlich schlimm genug, dass sich das Schiff bewegt! Außerdem kannst du so das Feuerwerk besser genießen, weil die Bedienung über den Fernauslöser angenehmer ist.
Stativ mit Kugelkopf o.ä.
Einer der größten Unterschiede zum Feuerwerk an Land ist, dass du dich bewegst. Du musst deshalb die Kamera ständig neu ausrichten, um das Feuerwerk zu treffen.
Gönne dir dafür einen guten Kugelkopf für dein Stativ, damit du die Kamera mit einem Handgriff frei bewegen kannst. Von Manfrotto gibt es auch einen Joystick Kugelkopf*, das wäre die absolute Luxusvariante.
Ein 3-Wege-Neiger als Stativkopf ist auf dem Schiff ungeeignet.
Ach ja, auch wenn sich das Schiff bewegt, aus der Hand ein Feuerwerk zu fotografieren, haut nicht hin.
Beim eigentlichen Stativ ist es egal, was du nimmst. Es muss deine Kamera tragen und so hoch sein, dass es über die Reling reicht. Ich fotografierte mit meinem Reisestativ dem Rollei Compact Traveller No. 1*.
Die Kameraeinstellungen für das Feuerwerk
RAW-Format
Wenn deine Kamera das RAW-Format unterstützt, fotografierst du am besten damit.
Der größte Vorteil des RAW-Formats ist, dass du eine höhere Farbtiefe in den Bildern hast, was dir bei der Nachbearbeitung mehr Spielraum bietet.
Hast du keine Lust auf die Nachbearbeitung oder deine Kamera unterstützt kein RAW, ist das kein Beinbruch. Gute Feuerwerksbilder kannst du auch im JPEG-Format machen.
Bildstabilisator aus
Der Bildstabilisator korrigiert Verwackler, die entstehen, wenn du aus der Hand fotografierst.
Stehst du auf einem Schiff, dann bewegt sich das viel mehr als der Stabi ausgleichen könnte. Kurz: Er bringt nix, wenn du Pech hast, wird dein Bild dadurch sogar unschärfer.
Also: Bildstabilisator aus!
Weißabgleich: Automatisch
Fotografierst du im RAW-Format, kannst du den Weißabgleich problemlos bei der Nachbearbeitung ändern. Mir persönlich haben die Ergebnisse der Weißabgleichs-Automatik aber sehr gut gefallen.
ISO 100
Als Faustregel gilt: Je höher du die ISO-Empfindlichkeit einstellst, desto höher ist das sichtbare Bildrauschen.
Bildrauschen ist zudem leichter in dunklen Bereichen zu sehen. Ein Feuerwerk findet nachts statt und hat dementsprechend viele dunkle Stellen. 😀
Halte die ISO Empfindlichkeit deshalb gering, das Feuerwerk an sich ist hell genug.
Manueller Modus
Stelle das Moduswahlrad deiner Kamera auf den manuellen Modus. Damit kannst du Belichtungszeit, Blende und ISO-Empfindlichkeit frei wählen.
Belichtungszeit BULB
Stelle die Belichtungszeit auf den BULB-Modus, damit du die Belichtungszeit frei bestimmen kannst.
Blende halb schließen
Schließe die Blende etwas, damit du eine große Schärfentiefe bekommst.
Mein Anfangswert war f/10 an einer APS-C-Kamera. Beim Feuerwerk direkt in Bingen öffnete ich die Blende auf f/8, um mehr Licht in die Kamera zu lassen.
Dort war das Feuerwerk weiter weg und entsprechend dunkler. Alternativ hätte ich auch die ISO-Empfindlichkeit erhöhen können. Bei diesen Entfernungen spielen kleine Änderungen an der Blende aber nicht so eine große Rolle bei der Schärfentiefe (Stichwort: Hyperfokale Distanz) und die ISO-Empfindlichkeit zu erhöhen ist das letzte Mittel der Wahl.
Fokussiere auf unendlich und locke den Fokus ein
Ganz wichtig: Versuche erst gar nicht, mit dem Autofokus zu arbeiten. Das haut eh nicht hin!
Fokussiere einmal und locke den Fokus dann ein.
Ich machte es so:
Die erste Rakete visierte ich mit dem Autofokus an (Auslöser halb herunterdrücken) und stellte das Objektiv dann auf manuellen Fokus um. Damit lockte ich den Fokus auf die Entfernung zur ersten Rakete ein.
Alternativ kannst du das mit einer Straßenlaterne machen. Wichtig ist, dass dein Objekt weit genug entfernt ist.
Merkst du während des Feuerwerks, dass es mit dem Fokus nicht hinhaut, wiederholst du den Schritt.
Liveview aktivieren
Fotografierst du mit einer klassischen DSLR, musst du den Liveview aktivieren, damit du alles direkt auf dem Display siehst. Denn durch den Sucher gucken während des Feuerwerks, ist Käse.
Fokuspeaking aktivieren
Super ist, wenn deine Kamera Fokuspeaking unterstützt. Damit kannst du dir die scharfen Kanten deines Bildausschnitts auf dem Display hervorheben lassen.
Das ist ideal, um zwischendurch sicherzustellen, dass das Feuerwerk im scharfen Bereich liegt.
Bildkontrolle auf dem Display aktivieren
Stelle deine Kamera so ein, dass das frisch aufgenommene Bild nach der Aufnahme eine Weile angezeigt wird. So kannst du mit einem Blick kontrollieren, ob alles halbwegs stimmt.
Bei mir wird das Bild 2 Sekunden lang angezeigt, das reicht aus.
Und Action: Das eigentliche Feuerwerk fotografieren
Hast du alles richtig eingestellt, ist das Fotografieren ein Kinderspiel.
Da sich das Schiff bewegt, musst du die Kamera ständig neu auf das Feuerwerk ausrichten. Hier kommt der Kugelkopf deines Stativs ins Spiel.
Bei Rhein in Flammen ist es so, dass es während der Fahrt mehrere Feuerwerke gibt. Übe dich in Geduld und warte, bis dein Schiff so steht, dass du mit der Kamera eine gute Sicht auf das Feuerwerk hast.
Oft haut das gar nicht hin, dann lässt du die Kamera Kamera sein und genießt in der Zeit das Spektakel.
Der eigentliche Trick beim Fotografieren von Feuerwerken ist die richtige Länge der Belichtung. Dabei geht es nicht darum, wie hell das Feuerwerk wird, sondern darum, was zu sehen ist.
Ein Feuerwerk lebt schließlich von der Bewegung des Lichts. Die besten Ergebnisse erzielte ich auf dem Schiff mit Belichtungszeiten zwischen 1 und 5 Sekunden.
Ist deiner Meinung nach genug von der Farbenpracht auf dem Bild, beendest du die Aufnahme.
Du wirst sehen, dass du recht schnell ein Gefühl dafür bekommst, wann du mit der Belichtung starten musst und wie lange du belichten kannst.
Kontrolliere dazu am besten mit einem flüchtigen Blick dein Ergebnis zwischen den einzelnen Bildern.
Im Gegensatz zu einem Feuerwerk von Land aus, kannst du vom Schiff nicht all zu lange belichten. Denn bei längeren Belichtungszeiten wird mehr und mehr von der Umgebung sichtbar, da sich das Schiff aber bewegt, wird die Umgebung unscharf und macht das Bild unruhig.
Du kannst deshalb auch keine Elemente der Umgebung mit in dein Bild einbauen. Bei Rhein in Flammen sind z.B. die Burgen toll beleuchtet. Eine Burg zusammen mit dem Feuerwerk vom Schiff aus zu fotografieren, funktioniert aber nicht.Solche Fotos machst du entweder von Land aus oder du fotografierst die Burg mit hoher ISO-Empfindlichkeit und kurzer Belichtungszeit und schneidest das Feuerwerk mit Photoshop rein.
Einen schönen Effekt erzielst du aber, wenn du die Spiegelungen des Feuerwerks auf dem Wasser mit einbeziehst.
Egal wie gut deine Vorbereitung auf das Feuerwerk ist, fotografierst du vom Schiff aus, ist eine gehörige Portion Glück im Spiel. Eine Welle und das Schiff schaukelt kurz und das war’s mit dem Bild.Auch zu viele Lichtquellen an Land können sich störend auswirken, weil du daran die Bewegung des Schiffs siehst. Ich finde das aber ganz lustig.
Die Nachbearbeitung von Feuerwerkfotos
Beim Feuerwerk ist es in der Regel so: Entweder ist das Bild was geworden oder nicht. Punkt!
Bei der Nachbearbeitung kannst du beim Feuerwerk eigentlich nichts mehr retten. (Außer du fängst mit aufwendiger Bildbearbeitung an und setzt verschiedene Fotos zusammen.)
Du kannst die gelungenen Fotos allerdings aufhübschen. Mir persönlich geht es dabei um die Struktur des Feuerwerks. Die Feuerspuren, die einzelnen Blitze und Funken sollen herrausstechen.
Dazu habe ich einen einfachen Standardworkflow in Lightroom:
- Lichter leicht reduzieren
- Im Bereich Gradiationskurve auf »Mittleren Kontrast« stellen
- Einen Radialfilter über das eigentliche Feuerwerk legen und dort die Klarheit und Schärfe deutlich erhöhen.
Natürlich kannst du noch viel viel mehr machen – schließlich hast du im RAW-Format fotografiert. Aber fürs Erste reicht das.
Im Wesentlichen habe ich nur einen Verlaufsfilter (war in dem Fall einfacher als ein Radialfilter) über das Feuerwerk gelegt. Die Einstellungen des Filters sehen so aus:
Das Wichtigste auf einen Blick
- Bildstabilisator aus
- ISO 100
- Belichtung im BULB-Modus
- Blende im mittleren Bereich (f/10)
- Auf unendlich fokussieren
- Nach Gefühl belichten (1-5 Sekunden)
Bonus: Vor dem Feuerwerk ohne Bewegungsunschärfe fotografieren
Fährst du bei Rhein in Flammen in Bingen mit, wirst du garantiert auch vor dem Feuerwerk fotografieren wollen. Die Landschaft ist grandios!
Das machst du am besten aus der Hand (Stabi an!). Dabei musst du so kurz belichten, um die Bewegung des Schiffs nicht auf’s Bild zu bekommen.
Beim Fotografieren aus der Hand spricht man von der Freihandgrenze, wenn du so lange belichtest, dass es gerade noch scharf wird.
Als Faustregel gilt: Ist deine Belichtung kürzer als der Kehrwert deiner Brennweite, ist alles palletti.
Beispiel:
Du fotografierst mit einer Brennweite von 50mm (bezogen auf das Kleinbildformat), dann drohen Verwackler ab einer Belichtungszeit, die länger als 1/50 Sek. ist.
Verstanden?
Wichtig ist, dass du die Brennweite auf das Kleinbildformat umrechnest. D.h., fotografierst du mit einer Kamera mit APS-C Sensor, multiplizierst du deine Brennweite mit 1.5 (Canon 1.6). Fotografierst du mit Microfourthirds, nimmst du die Brennweite x 2 …
Auf dem Schiff rate ich dir, diese Zeit zu verdoppeln. Bei 50mm Brennweite solltest du bspw. mindestens 1/100 Sek. belichten.
Daraus folgt, Blende auf oder ggf. die ISO-Empfindlichkeit erhöhen.
Der wichtigste Tipp zum Schluss
Feuerwerke und ganz besonders »Rhein in Flammen« sind grandios, schön, spektakulär und weiß der Geier was noch alles – toll halt!
Genieße es!
Vergiss das bei all der Fotografiererei nicht!
Fazit
Du siehst, ein Feuerwerk zu fotografieren, ist kein Hexenwerk. Selbst wenn du auf einem fahrenden Schiff bist, kriegst du das hin!
Trau dich und stelle dich mit deinem Stativ an die Reling, dann bist du der Passagier mit den besten Fotos!
Viel Spaß beim Fotografieren!
Über Fototipp
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Wer hier schreibt:
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Ich bin begeisterter Papa, Blogger, YouTuber, Foto- und Reisefuzzi.
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