Fototipp 53: Achtung Weitwinkel – nutze nicht nur die Standardeinstellung deines Objektivs!

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Ein Normalobjektiv oder ein Objektiv mit Normalbrennweite hat ungefähr denselben Bildwinkel wie das menschliche Auge. Im Kleinbildformat sind das Brennweiten um die 50mm.

Bilder mit dieser Brennweite sehen wir als natürlich an. Die Größenverhältnisse stimmen mit unseren Sehgewohnheiten überein, das Verhalten von Kanten und Linien, die Abstände usw.

Bewegen wir uns mehr in den Telebereich, d.h. längere Brennweiten (>50mm), werden die Bilder »flacher«. Mit einem Weitwinkelobjektiv ziehst du das Bild jedoch weiter auseinander. Objekte im Vordergrund werden deutlich größer dargestellt, als sie unsere Augen sehen, Winkel werden anders dargestellt usw.

All das ist nicht schlimm und all das ist gut. Stell dir vor, es würde nur eine Brennweite geben!

Wichtig ist, dass du dir dessen bewusst bist!

Schalte ich bspw. meine Sony RX100 III ein, fährt das Objektiv aus und steht bei 24mm – mehr Weitwinkel kann die Kamera nicht.
Nehme ich meine große Sony Alpha mit dem Reisezoom SAL 18-135 (meine komplette Fotoausrüstung) und parke das Objektiv, steht es bei 18mm (27mm Kleinbild). Auch hier ist es wieder der Weitwinkel.

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Links ist der Weitwinkel, rechts die Normalbrennweite. Auf welcher Seite erkennst du die Form der Theta S besser? (Fotografiert mit der Sony RX100 III)

Dass ein Objektiv mit seiner kürzesten Brennweite geparkt wird, macht Sinn, schließlich ist das die kompakteste Variante. Ähnlich ist es bei Objektiven, die erst ausgefahren werden müssen. Der Weitwinkel ist am schnellsten erreicht und damit die Kamera in kürzester Zeit einsatzbereit.

Schaltest du die Kamera ein, befindest du dich im Weitwinkelmodus. Ist halt so!

Fotografieren mit Weitwinkel ist nicht schlecht, ich mache das sogar sehr gern. Es ist irgendwie bequem, aber es ist nicht immer die beste Brennweite.

Fallstricke beim Fotografieren mit Weitwinkel

Zu viel auf dem Bild

Wahrscheinlich geht es dir genauso, du bist unterwegs, hast eine grandiose Landschaft vor dir und willst das irgendwie festhalten.
Was machst du dann? Kamera raus, Weitwinkel und Schuss!
Dabei können gute Bilder entstehen, oft zeigst du aber zu viel. Dein Bild erzählt dann keine Geschichte, es vermittelt keine Stimmung, sondern erschlägt den Betrachter mit all den Informationen, die er sieht.

Verzerrte Darstellung

Ich sagte es oben schon. Objekte im Vordergrund erscheinen im Verhältnis zu weiter entfernten Objekten viel größer als bei längeren Brennweiten.
Das ist vor allem gefährlich, wenn du Menschen fotografierst.

Beispiel:

weitwinkel-vs-normalbrennweite

Links siehst du ein Bild von mir mit Superweitwinkel von 14.5mm, rechts ein Foto mit Normalbrennweite (52.5mm).
Die Kommazahlen kommen, weil ich die Fotos mit meiner APS-C-Kamera fotografierte und die dort verwendete Brennweite mit 1.5 multipliziert werden muss, um auf das Kleinbildformat zu kommen.

Eigentlich bin ich auf beiden Fotos gleich groß, das siehst du am Kinn und oben an der Mütze und trotzdem sind es total unterschiedliche Bilder.
Links ist die Nase riesig, die Brille auch und der Kopf dahinter ist total schmal. Außerdem siehst du jede Menge vom uninteressanten Hintergrund.

Auf der rechten Seite siehst du mich so, wie du mich auch auf der Straße siehst. Die Brille passt jetzt richtig auf den Kopf und auch mit der Nase falle ich nicht sofort negativ auf.
Außerdem ist vom Hintergrund nicht sehr viel zu sehen.

Krasse Sache, oder?

Was du tun kannst

Sei dir bewusst, was der Weitwinkel für Auswirkungen hat und stelle dir folgende Fragen:

  • Kann ich weiter weg gehen und mit einer längeren Brennweite fotografieren?
  • Zeige ich nur das Nötigste oder ist zu viel auf dem Bild?

Wenn du mit einem Zoomobjektiv fotografierst, zoomst du beim Einschalten der Kamera am besten gleich etwas aus dem Weitwinkel heraus. Dann ist die Versuchung nicht so groß, direkt mit der kürzesten Brennweite zu fotografieren.

Wenn dein Motiv dann nicht aufs Bild passt, kannst du immer noch zurückzoomen.

Kein Weitwinkel-Bashing!

Zum Abschluss möchte ich noch mal klarstellen, dass dieser Beitrag nicht als Weitwinkel-Bashing zu sehen ist. Ich bin froh, dass es den Weitwinkel gibt und ein Großteil meiner Bilder ist eher mit kurzen als mit langen Brennweiten aufgenommen.

Trotzdem ist es oft so, dass du mit weniger weitwinkligen Brennweiten und etwas Bewegung oft bessere, bzw. natürlichere Bilder schießen kannst.
Eingeschränkt gilt das übrigens auch für Aufnahmen mit dem Teleobjektiv, dort finde ich die Auswirkungen jedoch nicht so schlimm.

Über Fototipp

Fototipp ist eine Artikelserie, in der ich dir regelmäßig einen mehr oder weniger kleinen Tipp für bessere Bilder gebe. Die Serie basiert auf meinen eigenen Erfahrungen und hilft dir dabei, Fehler zu vermeiden und deine Lernkurve zu beschleunigen. Willst du keinen Beitrag verpassen, dann abonniere meinen Newsletter oder meinen RSS-Feed..

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