Fototipp 47: Fotografiere so hell wie möglich (wenn du das Bild bearbeiten willst)

| Lesezeit ca. vier Minuten

Ich bin mir nicht 100%ig sicher, ob es DIE richtige Belichtung für ein Foto gibt. Wie du deine Fotos belichtest, ist rein dir überlassen.
Aber es gibt eine Belichtung, die dir bei der Nachbearbeitung den größten Spielraum lässt.
Welche das ist und wie du mit dieser fotografierst, erkläre ich dir im Folgenden.

Wie gesagt, wie du deine Fotos belichtest, ist dir überlassen. Nennen wir es künstlerische Freiheit!
Ich rate dir jedoch, die gewünschte Belichtung erst bei der Nachbearbeitung festzulegen. Bei der eigentlichen Aufnahme solltest du so belichten, dass du den größten Spielraum dafür hast.

Hast du keinen Bock, deine Bilder zu bearbeiten, musst du selbstverständlich direkt bei der Aufnahme so belichten, wie du es willst.

Fotografiere so hell wie möglich

Versuche beim Drücken des Auslösers dein Bild so hell wie irgendmöglich zu fotografieren. Deine Grenze definiert der Dynamikumfang deines Sensors. Fotografiere so hell, dass du keine komplett weißen Stellen hast. Dazu aber später mehr.

Ich will dir erst erklären, warum du so hell wie möglich fotografieren sollst.
Die Antwort ist kurz und schmerzlos: Dunkler machen kannst du immer!

Das ist tatsächlich so. Bei der Nachbereitung kannst du Fotos recht einfach und ohne Verluste abdunkeln.
Aufhellen geht nicht so einfach. Dabei wird Farbrauschen in dunklen Bereichen sichtbar.

Bilder sagen mehr als 1000 Worte, also zeige ich dir ein paar Fotos.

Sei mir nicht böse, dass die Bilder nicht 100%ig identisch sind. An dem Tag war es recht stürmisch, so dass die Gräser, Äste und Wolken sich ständig bewegten. Aber das ist egal, darum geht es schließlich nicht.

Das folgende Bild zeigt unser gewünschtes Ergebnis. Details im Himmel und auch im Zaun sollen die Gräser und Blätter sichtbar sein. Den Inhalt des roten Kastens zeige ich dir nachher in der Vergrößerung.

Mit meiner Kamera kann ich solch ein Bild nicht direkt fotografieren. Ich kann erst in der Nachbearbeitung alles so sichtbar machen, wie ich es gerne hätte.
Mit deiner Kamera ist es sicher ähnlich. Probiere es aus!

Wir haben jetzt folgende Möglichkeiten.
1. Wir fotografieren so dunkel, dass der Himmel schon richtig belichtet ist.
Das Bild sieht dann so aus.

Krass dunkel, oder? Belichtet hatte ich bei diesem Foto 1/400 Sek.

2. Wir fotografieren so hell, dass die Gräser und Blätter im Zaun richtig belichtet sind.

Jetzt ist der Himmel weg, und zwar für immer! An dieser Stelle sind wir über die Leistung des Sensors gegangen, so dass er keine Farbinformationen mehr aufzeichnen konnte.

Käse!

Da können wir bei der Nachbearbeitung so viele Klimmzüge machen, wie wir wollen. Den Himmel kriegen wir nicht mehr vernünftig hin.

Belichtet hatte ich 1/20 Sek.

3. Wir fotografieren so hell, dass die Farbinformationen des Himmels gerade noch erhalten bleiben.

Dieses Bild ist die Basis für unser Ergebnis oben.

Belichtet hatte ich 1/40 Sek.

Mit Option 1 (das dunkle Bild) wären wir übrigens auch zu unserem Ergebnis gekommen, allerdings mit schlechterer Qualität. 

Warum, zeige ich dir gleich.

Hier das Ergebnis, erstellt aus dem dunklen Bild mit 1/400 Sek Belichtungszeit.

 

Scrolle ruhig nochmal hoch, auf den 1. Blick geben sich die Ergebnisse nichts. Aber eben nur auf den 1. Blick.

Du kannst dich sicherlich an den roten Kasten oben erinnern. Den schauen wir uns jetzt genauer an.

So sieht er bei dem mit Option 3 erstellten Bild aus. D.h., es wurde so lange belichtet, dass gerade noch alle Farbinformationen im Himmel erhalten bleiben.

Und so sieht er bei dem dunkle Bild von Option 1 aus.

Krass, oder?

Verstehst du jetzt, wieso du so hell wie nur irgendmöglich fotografieren sollst? Wenn du stark aufhellen musst, bekommst du Matsch!

Das Histogramm: Clipping vermeiden

Komplett weiße und komplett schwarze Bereiche im Bild nennt man ausgefranzt oder Clipping. In diesen Bereichen ist keine Bildinformation mehr enthalten. Du kannst mit den Reglern in Lightroom und Co. machen, was du willst. Grau, schwarz, weiß. Mehr Infos kriegst du aus diesen Bereichen nicht mehr heraus.
Das ist uns bei Option 2 passiert, der Himmel war so hell, dass nicht mehr alle Informationen im Bild waren.

Vermeide das!

Hier kommt das Histogramm deiner Kamera ins Spiel. Damit kannst du dir anzeigen lassen, ob solche Bereiche im Bild sind.

Aktiviere dazu beim Betrachten deiner Aufnahme das Histogramm. Alle mir bekannten Kameras zeigen in dieser Ansicht das Clipping im Bild an.
So wie hier (sorry für die scheiß Qualität):

 

Die zu hellen Bereiche blinken, du weißt also, dass du über das Ziel hinausgeschossen bist und etwas weniger belichten musst. (Sprich: Kürzere Belichtungszeit, Blende weiter schließen oder ISO-Wert verringern. Siehe dazu auch Fototipp 29: Belichtungszeit, ISO & Blende im Zusammenspiel.)

Gleiches Spiel gilt bei zu dunklen Bereichen. Hier musst du mehr belichten.

Clipping in dunklen Bereichen (= schwarz) ist meistens nicht so wild, weil das in der Regel Stellen sind, die im fertigen Bild auch schwarz sind.

Du kannst dir auch direkt in Lightroom das Clipping anzeigen lassen. Siehe dazu meinen Beitrag zum Histogramm von Lightroom.

Hast du einen elektronischen Sucher, kannst du dir sogar vor der Aufnahme das Histogramm ansehen. Ansonsten wechselst du in den LiveView auf dem Display.

Geht das Historgramm ganz links nach oben, sind schwarze Bereiche im Bild.
Geht das Historgramm ganz rechts nach oben, sind weiße Bereiche im Bild.

Das Prinzip ist mit dem von Lightroom identisch.

Was ist nun das korrekt belichtete Foto?

Für mich ist ein korrekt belichtetes Foto, ein Bild, dass mir den größtmöglichen Spielraum bei der Nachbearbeitung lässt.

Du wirst in Situationen kommen, in denen es nicht hinhaut mit dem Histogramm, irgendwo franzt es immer aus.
Kein Beinbruch, das ist halt so. Bspw, wenn du in die Sonne fotografierst. Die Sonne wird immer Clipping verursachen, aber das passt dann auch beim fertigen Bild.

Wenn du noch mehr Dynamik herausholen willst, musst du ein HDR machen. Mache ich aber nie, richtig eingesetzt reicht der Dynamikumfang halbwegs moderner Sensoren fast immer aus.

Fazit des heutigen Fototipps:

Fotografiere so hell wie möglich, ohne dass dabei Bildinformationen in den hellen Bereichen verloren gehen.

Über Fototipp

Fototipp ist eine Artikelserie, in der ich dir regelmäßig einen mehr oder weniger kleinen Tipp für bessere Bilder gebe. Die Serie basiert auf meinen eigenen Erfahrungen und hilft dir dabei, Fehler zu vermeiden und deine Lernkurve zu beschleunigen. Willst du keinen Beitrag verpassen, dann abonniere meinen Newsletter oder meinen RSS-Feed..

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